Seit dem 18.3.2021 erscheint in der Reihe »Logbuch Utopiastadt« alle 14 Tage eine Kolumne aus Utopiastadt im Wuppertaler Lokalteil der Westdeutschen Zeitung. Und hier auf der Seite.
Die heutige Kolumne ist von David J. Becher:
Logbucheintrag 0.1
Herzlich Willkommen in der Kolumne aus Utopiastadt. Seit zehn Jahren beleben Utopistinnen und Utopisten, kurz Utos und Pias, Gelände und Gebäude am Mirker Bahnhof. Nun werden wir alle 14 Tage an dieser Stelle davon berichten. Dabei versuchen wir, immer einen konkreten Termin oder ein konkretes Vorhaben herauszusuchen und Euch an diesem Beispiel mitzunehmen in die vielen Zusammenhänge, in denen sich hier schon ein einzelner reparierter Fahrradschlauch befindet. Denn Utopiastadt ist nicht einfach ein Radverleih, ein Hackerspace, eine Gemeinschaftswerkstatt, ein Café, ein Nachbarschaftszentrum oder eine Tanzschule. Utopiastadt ist all das und noch über 50 Unternehmungen mehr.
In verschiedenen Köpfen gibt es Utopiastadt auch schon länger als zehn Jahre. Also nehmen wir einfach den ersten öffentlichen Schritt im fast vollständig leeren Bahnhof Mirke als Beginn: 2011 eröffnete hier Wuppertals erster Coworking-Space, der in seiner Entstehung ein gutes Beispiel für Utopiastadt als Möglichkeitsraum ist: Eine Gruppe Kreativer hatte Lust, längerfristig an einem Ort zusammen zu arbeiten. Dazu gab es Personen, die schon eine Weile über das Phänomen Coworking diskutierten und darüber, welche Aspekte beim Teilen von Räumen und Arbeitsmitteln, aber auch von Zeit und Arbeitsprozessen zukunftsweisender sind als ein einfaches Gemeinschaftsbüro. Und dann war da die Büroetage des alten Bahnhofs als Möglichkeitsraum. Klassische Zutaten für Utopiastadt-Projekte: Engagierte Menschen, sehr konkrete Vorhaben, große, abstrakte Ideen – und ein Raum, in dem sich alles zusammenbringen lässt.
Genau so funktionierte es bei den Reparaturcafés, bei zahlreichen Kunst- und Kulturveranstaltungen und im Endeffekt sogar – über viele Jahre gestreckt – bei der Sicherung der Utopiastadt-Campus-Flächen für das Gemeinwohl. Doch das ist Stoff für weitere Kolumnen. Hier nur so viel: Wenn ich an einer scheinbar unlösbaren Schwierigkeit in Utopiastadt festhänge, trete ich gerne einen Schritt zurück und mache mir klar, dass es uns gelungen ist, in zehn Jahren von 200 m2 Coworking-Space auf 50.000 m2 Gemeinwohl-Campus zu wachsen. Und das, obwohl am Anfang nicht ein Euro Investitionssumme zur Verfügung stand. Aber eben Menschen mit Tatkraft, Ideen und der großen Fähigkeit, beides in tragfähige Konzepte und Pläne umzuarbeiten. Davon gab und gibt es viele, die im Laufe der zehn Jahre beigetragen haben.
Denn vor allen Dingen besteht Utopiastadt aus den unterschiedlichen Menschen, die sich engagieren. Davon werden in den nächsten Monaten einige ihre Gedanken zu Utopiastadt-Themen aufschreiben. Vermutlich wird dabei keine der einzelnen Kolumnen klären können, was Utopiastadt im Ganzen ist. Denn es gibt mindestens so viele Erklärungen von Utopiastadt, wie es Menschen darin gibt. Aber wenn Ihr regelmäßig mitlest, erfahrt Ihr jedes Mal ein bisschen mehr davon, was Utopiastadt insgesamt sein kann.
Dazu erneut hier – und immer in Utopiastadt: Herzlich Willkommen!
Erstveröffentlicht am 18.3.2021 in der WZ: