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Stadtentwicklungssalon | Gemeinwohlorientierte Flächenentwicklung: Werkzeuge einer aktiven Bodenpolitik und Kooperationserfahrungen

Text von Max-Mosche Kohlstadt | Bild von Dalibor Relic

Nachdem die Entstehungsgeschichte rund um den Utopiastadt Campus im Rahmen des letzten Stadtentwicklungssalons genauer betrachtet wurde, weitete der 9. Stadtentwicklungssalon den Blick noch einmal überregional aus. Am vergangenen Mittwochabend (19. Mai 2021) berichteten Ricarda Pätzold, Dr. Michael Zumpe und Tobias Stroppel, mit Moderation durch Sascha Gajewski vom Verein »STADTRAUM 5und4«, aus verschiedenen Perspektiven und Projekten über ihre Erfahrungen bzgl. der Sicherung von Stadtentwicklungsflächen und den Mechanismen der Zusammenarbeit mit Kommunen und Städten. Die nachfolgenden Zeilen sollen einen groben Überblick über die Inhalte und Redebeiträge des Abends ausbreiten. Um den 9. Stadtentwicklungssalon noch einmal in voller Länge Revue passieren zu lassen, bietet sich die Aufzeichnung des Abends oder weiterführende Literatur an. Hier geht es zur Aufnahme [Playlist auf Youtube].

Graphic-Recording von Dalibor Relic

Während der 8. Stadtentwicklungssalon einen groben Überblick über das exemplarische Beispiel des Utopiastadt Campus eröffnete, blieb die Frage offen, ob es sich bei der erfolgreichen Sicherung der Flächen des Campus um einen Einzelfall oder vielmehr einen strukturellen Vorgang handle, der nach gewissen Mustern abläuft und somit auch gewissen Regeln und Handlungsräumen unterliegt. Die Dipl.-Ing. Ricarda Pätzold arbeitet beim Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) und hat sich in den vergangenen Jahren aus einer wissenschaftlichen Perspektive mit Instrumenten und Maßnahmen strategischer und aktiver kommunaler Bodenpolitik auseinandergesetzt. Hier geht es zur Studie [Link]. Demnach ist Boden durch gewisse Charakteristika definiert, die ihn zu einem nicht vermehrbar Gut machen, zum anderen aber durch einen stetig größer werdenden Bedarf kennzeichnet. Das führt dazu, dass gerade die Preise des urbanen Bodens stetig ansteigen, und damit einhergehend auch die Nutzungen die aus diesem Boden hervorgehen, wie z.B. das Wohnen. In Kombination mit immer stärker verarmenden Kommunen führt dies zu einem Dilemma – Kommunen veräußerten Boden zu früh, fehlende finanzielle Mittel verhindern den Rückkauf zum Zwecke der Stadtentwicklung. Die Auflösung dieses Dilemmas besteht in der Etablierung und Entwicklung einer aktiven kommunalen Bodenpolitk, die sich sowohl durch Nachhaltigkeit als auch durch Zukunftsorientierung auszeichnet. Zentrales Anliegen dieser Bodenpolitik ist im besten Fall das gemeinwohlverträgliche Lösen der Frage, wie mit dem knappen Gut des Bodens verfahren werden soll. Wie aber kann diese Frage gelöst werden?
Langfristig, so empfiehlt die Baulandskommission, sollte eine gewisse Bodenvorratspolitik etabliert werden, die urbane Flächen nicht direkt veräußert, sondern für geeignete Zwecke sichert. Kurzfristig gibt es jedoch gewisse Werkzeuge die als bodenpolitischen Strategien sinnvoll eingesetzt werden können. Zum einen betreffen diese die Art und Weise der Vergabe kommunaler Flächen, zum anderen die fortwährende Entwicklung von Bestandsflächen und die neuwertige Baulandentwicklung auf der grünen Wiese. Aber auch die Kooperation zwischen bürgerschaftlichen Initiativen und Kommunen stellt einen essenziellen Schlüssel zu einer gemeinwohlorientierten Bodenpolitik dar. Um diese Kooperation möglichst ergiebig zu gestalten und über bloße Zwischennutzungsverträge hinauszublicken, können bürgerschaftlichen Akteur*innen durch finanzielle Mittel und Bürgschaften der Kommunen abgesichert werden. Langfristig sollte Boden selbst jedoch schrittweise der Verwertungslogik des Marktes entzogen werden. Die Initiativen tragen bundesweit dazu bei, Bodenpolitik wieder in die Mitte der Debatte zu rücken und die scheinbare Willkür der vergangenen Jahrzehnte einer passiven Bodenpolitik aufzuschlüsseln. Boden und die Politik, die über ihn verfügt, bedarf demnach einer fortschreitenden Revolution die aushandelt, wem Stadt tatsächlich gehört und wer darüber verfügt. Das hochgepriesene Zauberinstrument zur Lösung aller Probleme gibt es allerdings nicht. Oftmals erübrigt es sich als sinnvoller eine standortvariable Aushandlung von Maßnahmen zwischen Kommunen und Initiativen anzustoßen, die individuelle Bedürfnisse und Gegebenheiten berücksichtigt.

Ausschnitt aus dem Graphic-Recording von Dalibor Relic

Dr. Michael Zumpe konnte einen solchen Prozess hautnah miterleben. Er ist Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft »Haus zum Maulbeerbaum« in Landau, die sich zum Ziel setzte ein etwa 700 Jahre altes Haus vor dem Abriss zu bewahren und für die Kommune zu erhalten. Nachdem das Haus im Mittelalter in kirchlichem Besitz verblieb, wurde es später erst zu einem städtischen Gasthaus und dann zu einem privaten und Kaufhaus. In den Nachkriegsjahren wechselte das Gebäude mehrmals den privaten Besitzenden, wurde unter Denkmalschutz gestellt und ging Anfang der Jahrhundertwende in den Besitz der Stadt Landau über. Um das historische Gebäude zu erhalten, gründete sich 2011 der »Freunde des Hauses Zum Maulbeerbaum Landau e. V.«, der sich sowohl historisch als auch kulturell für das Gebäude interessierte. Doch auch hier waren finanzielle Mittel knapp. 2013 entschied sich die Stadt dazu das Haus abzureißen, wenn sich kurzfristig kein*e Investor*in finde. So gründete der e.V. 2015 eine gemeinnützige Genossenschaft und erarbeitet ein Konzept für die Sanierung und weiterführende Nutzung des Gebäudes. Die Kommune verhielt sich eher skeptisch, stellte jedoch unter utopischen Bedingungen die Möglichkeit das Haus an die Genossenschaft zu übertragen. Die Bedingungen äußerten sich in 800.000€ Eigenanteil und der Entwicklung eines Finanzplanes innerhalb von achtzehn Monaten. Doch entgegen des erwarteten Scheiterns änderte sich die Sachlage 2016 nach dem Wechsel des Oberbürgermeisters. Er änderte die Haltung der  Kommune gegenüber der Genossenschaft, befürwortete das Vorhaben, stutze Bedingungen zurück und trug dazu bei, dass der Genossenschaft das Haus übertragen wurde. Darüber hinaus wurde das finanzielle Budget, dass ursprünglich zum Abriss des Gebäudes verwendet werden sollte, als Startkapital für die Sanierung umfunktioniert. Im Januar 2020 begannen die ersten Baumaßnahmen und inzwischen konnte das historische Gebäude bereits so weit hergestellt werden, dass es nicht mehr einsturzgefährdet ist.
Aber wie kam es zum Erfolg des Vorhabens? Welche Faktoren fielen begünstigen aus? Zumpe berichtet, dass vor allem die Rechtsform der Genossenschaft, also die Ansammlung von Bürger*innen und Zusammenführung ihrer Interessen, in Kombination mit der Gemeinnützigkeit des realistischen Konzepts, entscheidende Kräfte in Bewegung setzen. Des Weiteren trug die Partnerschaft mit der Stadt, die personelle Verbindung in die Stadtspitze, als auch die Unterstützung durch die Länderpolitik dazu bei, dass das Projekt großen Rückhalt aus richtigen Kreisen erhielt. Zumpe ist auch der Überzeugung, dass die wohlwollende Berichterstattung der Medien dazu beitrug, dass der Rückhalt in der Bürgerschaft allgegenwärtig ist.

Ausschnitt aus dem Graphic-Recording von Dalibor Relic

Auch Tobias Stroppel ist in einen bürgerschaftlichen Prozess der Sicherung und Entwicklung von urbanen Flächen involviert. Er ist Geschäftsführer der B-Side GmbH Münster, die einen Gebäudekomplex mit umliegenden Flächen im Münsteraner Stadthafen 1 sicherte und fortan für kreative und kulturelle Nutzung entwickelte. Bei dem Gebäudekomplex handelt es sich um einen recht zentrumsnahen ehemaligen Lebensmittelspeicher, der lange Zeit lediglich als Lagerraum genutzt wurde, bis er ab ca. 2010 durch kreative Akteur*innen zwischengenutzt wurde. Hier entwickelte sie eine nicht-kommerzieller kreativer Raum für Münsteraner*innen und Kultur. Ab 2015 liefen jedoch die Erbbaurechtsverträge aus und die Stadt wollte sowohl das Grundstück, als auch den umliegenden Hafen entwickeln. Angesichts der zentralen Lage und dem Standort Münster, blieb die Suche nach Investor*innen, die hochpreisige Büroräumlichkeiten entwickeln wollten, nicht lange erfolglos. Da die Stadt und die Investor*innen die bereits vorhandene aktiven Szene und Anwohnerschaft jedoch nicht in den Prozess mit einbezogen, entwickelte sich Protest aus der Zivilgesellschaft, die sich aktiv gegen eine kommerzielle Nutzung der Flächen, und für eine gemeinwohl- und bedarfsorientierte Entwicklung der Fläche, aussprach. Was genau unter Gemeinwohlorientierung im Quartier zu verstehen ist, wird im Rahmen der B-Side in halbjährlich stattfindenden Quartierskongressen mit 200 wechselnden und zufällig zusammengestellten Anwohner*innen des Quartiers ausgehandelt. In diesen Kongress entwickeln sie einen Quartiersgemeinwohlindex, in dem die Ziele der Gemeinnützigkeit festgeschrieben sind. Während in den kommenden Jahren das gesamte Umfeld zu renditenorientierten Glaspalästen modernisiert wird, bleibt die B-Side als Insel und Produkt des zivilgesellschaftlichen Engagement für das Quartier bestehen. So wurden gemeinsam mit der Stadt und der Wirtschaftsförderung ein Nutzungsüberlassungsvertrag ausgehandelt, der der B-Side vorerst für die kommenden 20 Jahre ermöglicht, das Gebäude nach den festgeschriebenen Vorgaben zu nutzen. Eine Übertragung des Erbbaurechts war anfangs angedacht, wurde jedoch vonseiten der Stadt Münster nachfolgend zurückgezogen.
Stroppel ist der Auffassung das im Prozess der Etablierung der B-Side keine institutionalisierten Instrumente der Bodensicherung angewendet wurden. Vielmehr geht er davon aus, dass Einzelfallentscheidungen auf Basis des anfänglichen zivilgesellschaftlichen Protests und öffentlichen Auseinandersetzung zum Erfolg des Vorhabens führten. So ist es anzunehmen, dass angesichts des Münsteraner Beispiels, auch nach wie vor kein strukturelles Umdenken stattgefunden hat, sondern vielmehr eine Entscheidungsfindung auf Einzelfallbasis. Der Fakt, dass diese Einzelfallentscheidung funktionieren kann, bedeutet allerdings nicht, dass langfristig keine Etablierung und Entwicklung einer Bodenpolitik notwendig ist, um urbane Vielfalt möglichst flächendeckend und gentrifizierungsfrei zu ermöglichen.

Mitschnitt aus dem Stream | (u.l.) Ricarda Pätzold, (u.r.) Dr. Michael Zumpe, (o.r.) Tobias Stroppel und (o.l.) Sascha Gajewski

Letztendlich bleibt zu vermerken, dass bodenpolitische Entscheidungen immer auf strukturellen Gegebenheiten fußen und diese somit bedingen. Nur weil die Werkzeuge dafür nicht explizit angewandt werden, beeinflussen sie somit trotz alledem den Prozess. Pätzold hält fest, dass nicht alle erfolgreichen Projekte lediglich Glück haben, sondern vielmehr strukturelle Prozesse und Wohlwollen aus vorangegangenen Prozessen über Erfolg entscheiden. Gleichzeitig reichen Kommunen jedoch keine Leuchtturmimpulse aus anderen Städten – sie müssen oftmals selbst Erfahrungen machen, bevor sie Vertrauen in bürgerschaftlichen Projekte fließen lassen. Paradoxerweise begegnen Kommunen den Investor*innen, die mit ihren Vorhaben auch scheitern können, mit mehr Vertrauen. Das zeigt erneut, wie sehr Boden und dessen Möglichkeiten in eine Marktlogik eingebunden ist, die ihn als verwertbares Gut wahrnehmen und nicht als gemeinwohlorientierte Verpflichtung. Zumpe betont außerdem abschließend noch einmal, wie wichtig die wohlwollende Verbindung zur Kommune bleibt. Schlussendlich müsse man den Kommunen klarmachen, dass ein Scheitern gemeinwohlorientierter Projekte, an von der Stadt konstruierten Hürden, auch immer rückwirkend auf die Kommune reflektiert. Am Ende kommt es darauf an, ausdauernd am Ball zu bleiben und gemeinsam den Kipppunkt der Kommune zu erreichen.

Die gesammelten Werkzeuge und geschilderten Erfahrungen werden in einer dritten Veranstaltung im Juli mit lokalen Vertreter*innen aus Politik und Verwaltung auf ihre Übertragbarkeit und Anwendbarkeit in Wuppertal diskutiert. Das Forum:Mirke bedankt sich bei allen Gäst*innen für ihre Redebeiträge und für die Unterstützung durch die Bezirksvertretung Elberfeld und den Projektpartner Baukultur Nordrhein-Westfalen e.V.. Falls du die Veranstaltung nochmal anschauen möchtest, kannst du dies unter folgendem Link tun [Link zur Playlist]. Auf Grund technischer Schwierigkeiten, wurde der Videomitschnitt in mehrere Videos aufgeteilt.

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Von der Gepäckabfertigung zur Utopiawerkstadt

Seit einer ganzen Weile wird die ehemalige Gepäckabfertigung des Mirker Bahnhofs fleißig saniert und renoviert. Regelmäßig treffen sich hier Ehrenamtliche, um ihre Vision einer offenen Werkstatt für das Quartier in die Tat umsetzen. Doch was steckt eigentlich hinter der Idee einer offenen Werkstatt?

Bei offenen Werkstätten handelt es sich – den Verbund offener Werkstätten zitierend – um Orte des Handwerks, der computergesteuerten Fertigungsverfahren und digitalen Technologien. Sie stellen Platz und die nötigen Werkzeuge zur Verfügung, um Menschen zu ermöglichen eigene Projekte zu realisieren. Meistens in einer Vereinsstruktur organisiert, bieten sie Gelegenheiten zum Schaffen und Austauschen, da natürlich einiges an Wissen zusammen kommt, wenn verschiedene Menschen gemeinsam werkeln.

Beim Stöbern nach offenen Werkstätten begegnet einem schnell der Begriff des FabLabs oder des MakerSpace. Das FabLab (kurz für fabrication laboratory) wurde als Projekt 2001 in Amerika entwickelt. Im Grunde entspricht es den offenen Werkstätten – nur, dass hier der Fokus verstärkt auf Open-Hardware, Open-Source und Open Access gelegt wird. Ein gemeinsamer Rahmen wird den FabLabs durch die Fab Charter gegeben.

Eine solche Werkstatt entwickelt sich seit einigen Jahren – angestoßen durch /dev/tal  e.V. – in Utopiastadt. Ursprünglich im Hauptgebäude angesiedelt, ist sie nun zu groß geworden und soll in die ehemalige Gepäckabfertigung umziehen. Doch dies ist leichter gesagt als getan, denn das Gebäude muss zunächst noch saniert werden, was bereits vor einigen Jahren in Angriff genommen wurde. In unzähligen Stunden ehrenamtlicher Arbeit wurden zum Beispiel Wände herausgerissen, Fenster aufgearbeitet und Heizungen installiert. Es gibt allerdings noch eine Menge zu tun bevor die Utopiawerkstadt in den neuen Räumen nutzbar ist.

Das NUP-Projekt in der Werkstatt

Das NUP-Projekt fiebert bereits mit Spannung auf den Tag hin, an dem die große Werkhalle zum ersten Mal ihre Tore für eine Veranstaltung öffnet. Denn die Offene Werkstatt soll ein lebendiger Lern- und Begegnungsort werden und Schauplatz von verschiedenen Workshops rund um das Handwerken & Produzieren. 
Im NUP-Projekt wird daher einen Schwerpunkt auf die Organisation der Werkstatt gelegt: Den Anfang machte im vergangenen Jahr eine Inventur des Werkzeugbestandes. In den kommenden Monaten sollen in verschiedenen kleinen Workshops wichtige Einrichtungsgegenstände für die Werkstatt von Morgen bauen: Angefangen mit dem Bau von Werkzeugkisten, über die Konstruktion von Wandlagersystemen, bis hin zur Aufarbeitung von alten Werkbänken.

Der Weg ist das Ziel

Eins steht fest: Schon während der Sanierung und beim Aufbau gibt es mehr zu lernen, als in so manchem Workshop! Jede Woche stehen uns neue Aufgaben und Herausforderungen bevor. Du bist neugierig und möchtest beim Entstehungsprozess der Offenen Werkstatt mithelfen? Dann komm doch beim utopischen Sanierungs-Workout vorbei! Dort jede:r Samstags ab 10 Uhr willkommen – egal ob mit – oder ohne Vorkenntnisse.

Gemeinsam erwecken wir Urbane Produktion zum Leben!

Ansprechpartner:
Sanierung GPA: Ralf Glörfeld / r.gloerfeld@utopiastadt.eu
NUP-Projekt: Dimitrij Haak / d.haak@utopiastadt.eu

Fotografische Dokumentation der Sanierung:
https://bahnhofssanierung.de

Weitere Infos zur Offenen Werkstatt & FabLab:
Verbund offener Werkstätten
Fab Charter

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9. Stadtentwicklungssalon

Werkzeuge einer aktiven Bodenpolitik und Kooperationserfahrungen

Mi. 19.5.21, 19:00 Uhr, auf stew.one

Foto: Wolf Sondermann

Die Auftaktveranstaltung für die diesjährige Veranstaltungsreihe des Forum:Mirke zur gemeinwohlorientierten Flächenentwicklung fand im März statt. Der Ausgangspunkt war der Utopiastadt-Campus als Beispiel einer unkonventionellen, kooperativen Flächensicherung für experimentelle und nachhaltige Stadtentwicklung. Ein wichtiges Instrument auf dem Weg war dabei der Utopiastadt-Campus-Flächenentwicklungsbeirat. In der zweiten Veranstaltung der Reihe beleuchtet der Stadtentwicklungssalon weitere Werkzeuge, mit denen Kommunen – im Zusammenspiel mit lokalen Initiativen – Flächen und Gebäude für eine langfristige, gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung schützen und entwickeln können.

Wann, wo und wie?
Am Mittwoch, dem 19. Mai 2021 um 19 Uhr live auf stew.one.

Moderation:
Sascha Gajewski (STADTRAUM 5und4 & Netzwerk Immovielien)

Referent*innen:
Dr. Michael Zumpe (Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft »Haus zum Maulbeerbaum«, Neu-Isenburg)
Tobias Stroppel (Geschäftsführer der B-Side GmbH, Münster)

Diskutieren:
Stellen Sie Ihre Fragen online über das Portal »frag.jetzt«. (Raumcode: SES2)

Ein Graphic Recording dokumentiert die Veranstaltung begleitend.

Die gesammelten Werkzeuge und Erfahrungen werden in einer dritten Veranstaltung im Juli mit lokalen Vertreter:innen aus Politik und Verwaltung auf ihre Übertragbarkeit und Anwendbarkeit in Wuppertal diskutiert.
Das Forum:Mirke bedankt sich für die Unterstützung durch die Bezirksvertretung Elberfeld und den Projektpartner Baukultur Nordrhein-Westfalen e.V.

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Logbuch

Die Geister, die wir riefen

Seit März 2021 erscheint in der Reihe »Logbuch Utopiastadt« alle 14 Tage eine Kolumne aus Utopiastadt im Wuppertaler Lokalteil der Westdeutschen Zeitung. Und hier auf der Seite.

Die heutige Kolumne ist von Johannes Schmidt:

Logbucheintrag 0.5

Eine Utopie ist wahr geworden. Mitten in einer Großstadt stehen mehr als 40.000qm Stadtentwicklungsfläche für das Gemeinwohl zur Verfügung. Tausende Quadratmeter Freifläche direkt an der Nordbahntrasse werden von der Stadtgesellschaft für Festivals und Märkte, für Debatten und Wissenschaft, für Stadtgärten, als einfacher Treffpunkt in Pandemiezeiten oder als Hundeauslauffläche genutzt. Sogar der internationaler Bauwettbewerb Solar Decathlon Europe findet hier so unmittelbar in einem innerstädtisches Quartier statt, wie nie zuvor, und ermöglicht vor Ort die Auseinandersetzung mit dem Wohnen und Leben von morgen. Im Zuge dessen nutzt die Bergische Universität mit dem Publik e.V., der Alten Feuerwache und weiteren Partnern eine alte Glaserei um, mit Bildungsprogramm für Kinder und Jugendliche aus dem Quartier Mirke und einem zusätzlichen Gastronomie-Angebot. Historische Bahnhofsgebäude bieten Platz für unzählige Projekte, Werkstätten, Radverleih gegen Spende, Coworking-Spaces oder ein Café und werden von Ehrenamtlichen im laufenden Betrieb saniert.

Die Stadt blickt auf das Quartier Mirke. Die Republik schaut auf den Utopiastadt Campus.

Denn die Flächen um den alten Bahnhof Mirke, die Utopie von der ich rede, werden seit 10 Jahren von rund 200 Ehrenamtlichen stückweise gesichert, geöffnet und belebt.

Gesichert vor Kapitalspekulationen und vor unumsichtigen Bauvorhaben, die zu oft die Gemeinwohl-Entwicklung in Quartieren zum Negativen beeinflussen. Gesichert für die Stadtgesellschaft und das Quartier. Nun können wir in Kooperation einen internationalen Bauwettbewerb ins Quartier holen und zukunftsfähige Stadtentwicklung nicht nur diskutieren, sondern aktiv erproben. Dabei die vielfältigen Nutzungen, Bedarfe und Wünsche der unterschiedlichen Akteure auf und um den Utopiastadt Campus zu vernetzen und in sinnvollen Austausch zu bringen, ist eine riesige Herausforderung – und ein weiterer Grund für Utopiastadt, die Flächen zu sichern.

Das sind die Geister, die wir riefen. Natürlich wäre es einfacher, schneller und wirtschaftlich auskömmlicher, auf diesen Flächen Bürokomplexe und Wohneinheiten zu bauen. Doch ich bin davon überzeugt, dass der andauernde Gesellschaftskongress Utopiastadt mit seiner Strahlkraft zeigen kann, dass Mut, Ausdauer, harte Arbeit und strategische Tiefe eine gemeinwohlorientierte, kleinteilige und schließlich bessere Stadtentwicklung für Alle im Quartier ermöglichen.

Wenn dann eine Kundgebung am 1. Mai neben einer Filmaktion im Bauwagen, einem Spielcontainer mit fröhlich spielenden Kindern, einem Testzentrum, Gewerkschafts-Infoständen und einer Kaffeerösterei stattfindet, eine Zirkusfamilie 500m weiter Notunterkunft bezieht, ein Kunstverein seine alte Tankstelle in Stand setzt und dutzende Ehrenamtliche an der Bahnhofssanierung arbeiten, dann weiß ich als Flächenentwickler, dass die Geister, die wir riefen, gute Geister sind. Und mit diesen bauen alle gemeinsam eine Stadt: Wir bauen Utopiastadt.


Erstveröffentlicht am 13.05.2021 in der Printausgabe der WZ:
https://www.wz.de/nrw/wuppertal/stadtteile/elberfeld/die-geister-die-wir-riefen_aid-58109809

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Neuigkeiten

„Kooperative Stadt“: Anerkennung für Wuppertal

Pressemeldung der Stadt Wuppertal:

»Wir freuen uns sehr, dass wir eine Anerkennung beim Bundespreis kooperative Stadt bekommen haben«, so Oberbürgermeister Uwe Schneidewind. »Wir haben uns mit den Beispielen guter Zusammenarbeit und Kooperation zwischen Stadt und »Stadtmachern« aus den Projekten BOB-Campus und Utopiastadt-Campus beworben.«

»Die Anerkennung ist ein Ansporn, unser Ziel, #Wandel durch Beteiligung engagiert und zielgerichtet weiter zu verfolgen«, so der OB.

Der Bundespreis wurde ausgelobt im Rahmen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik, einer Gemeinschaftsinitiative von Bund, Ländern und Gemeinden. Gesucht waren Kommunen ab 10.000 Einwohnern, die auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Fachbereichen mit zivilgesellschaftlichen Akteuren zusammenarbeiten. Bewerben konnten sich alle Kommunen mit laufenden sowie bereits umgesetzten Kooperationsprojekten der Stadtentwicklung.

Wuppertal als »Selbstmachstadt«

In der Begründung für die Wuppertaler Anerkennung heißt es: »Die Jury hebt besonders den Ratsbeschluss hervor, mit dem die Stadt sich als »Selbstmachstadt« definiert, die engagierte Wuppertaler bei der Verwirklichung von baulichen, sozialen und kulturellen Projekten unterstützt. Kooperationsvereinbarungen und ko-kreative Planungsprozesse füllen dieses Ziel mit Leben und zeigen an ersten Standorten die positiven Wirkungen kooperativer Stadtentwicklung. Insbesondere der Flächenentwicklungsbeirat zum UtopiastadtCampus als moderiertes Werkstattverfahren zwischen Flächeneigentümer, einer ansässigen Initiative und der Stadtverwaltung wird von der Jury als Instrument gewürdigt, das andere Kommunen inspirieren kann.«

Für den erstmals ausgelobten Bundespreis hatten sich insgesamt 80 Kommunen beworben. Die Preisträger des Bundespreises Koop.Stadt sind: Kiel, Mannheim, Aachen, Halle/Saale, Nürnberg, Berlin (Mitte), Dinslaken, Tübingen, Schwerte, Landau (Pfalz), Dessau-Roßlau, Wittenberge, Eltville am Rhein.

Digitale Preisverleihung

Eine Anerkennung für punktuelle, aber wegweisende Aktivitäten auf dem Weg zur Koop.Stadt erhielten neben Wuppertal München, Frankfurt/Main, Krefeld, Flensburg, Coburg und Swisttal.

Neben der Auszeichnung mit dem Label selbst und den Geldpreisen entsteht eine Publikation mit einer Übersicht über neue Instrumente der Kooperation. Diese wird Mitte September diesen Jahres veröffentlicht und kann kostenlos über das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung bezogen werden.

Die Preisverleihung fand am Dienstag, 4. Mai, digital im Rahmen des Bundeskongresses Nationale Stadtentwicklungspolitik statt.

Weitere Infos

www.koop-stadt.de.

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Neuigkeiten

Testergebnisse jetzt auch in der Corona-Warn-App

Auch die Ergebnisse des Testzentrums Utopiastadt können ab sofort in die Corona-Warn-App übertragen werden!

So könnt ihr noch schneller Menschen warnen, mit denen ihr Kontakt hattet und habt eure Ergebniszertifikate am immer gleichen Ort.

Buche jetzt ganz einfach deinen Termin unter testzentrum.utopiastadt.eu

Die Corona-Warn-App könnt ihr hier downloaden: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/corona-warn-app

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Online-Workshops

Neue Urbane Produktion:
Zwei kostenfreie Online-Workshops im Mai

1) Das kleine Einmaleins des Webens:
Kreatives Upcycling mit Kleidung

Wann? Freitag, 07.05.2021 | 17:00 – 19:00

Wer? Ekaterina Haak | http://ekaterina-haak.de

Wo? Online via Zoom

Hat dein Lieblingsoberteil ein Loch oder Fleck an einer gut sichtbaren Stelle? Na toll! Du ziehst es nicht mehr an, aber bringst es auch nicht übers Herz es zu entsorgen? Richtig so! Hat deine Lieblingsjeans einen Riss und dir graust vor stundenlangem Onlineshopping nach einem passenden Ersatz? Volles Verständnis für! Deine Nähkiste verstaubt in der Ecke und dir gehen die Ideen aus, was du im Lockdown noch Zuhause machen könntest? Perfekt! Dann sei dabei, beim interaktiven Upcycling-Workshop mit Ekaterina Haak und lerne grundlegende Stopftechniken kennen. Verwandle den lästigen Fleck in eine bunte Blumenwiese, entdecke Sashiko für dich, die jahrhundertealte japanische Reparaturtechnik und tauche ein in die wunderbare Welt des Webens. Ekaterina zeigt dir das Einmaleins des Stopfens, das du für deine Kaputtis bequem Zuhause nachmachen kannst.

Was solltest Du dafür zu Hause haben?
– Kleidung, was du gerne flicken würdest
– Nähgarn, Stickgarn, Stopfwolle
– Stoffreste für Flicken
– Nadel(n)
– Schere
– Stopfpilz oder Stickrahmen (Alternativ: alte Glühbirne, eine Orange oder Trinkflasche und ein Haargummi, ein 1-Liter Joghurt Eimer – daraus machen wir einen Stickrahmen)

Anmeldung: Bis zum 06.05. via Mail an nup@utopiastadt.eu (max. 20 Teilnehmende)


2) Einfach selber machen:
Haushaltsprodukte und Naturkosmetik

Wann? Donnerstag, 20.05.2021 | 17:00 – 19:00

Wer? Elina Giorgou & Veronika Bauer | https://verpackmeinnicht.de

Wo? Online via Zoom

Such dir deine Schüsselchen zusammen, hol schon mal deine schönsten Löffel raus und schmeiß den Herd an. Es wird gerührt! Du hast Lust deine eigene Kosmetik zu kreieren? Du willst den Plastikflaschen in deinem Badezimmer adé sagen und aus Zutaten, die du womöglich ohnehin schon zu Hause hast, deine eigenen Haushaltsprodukte herstellen? Dann darfst du den DIY Workshop mit verpackmeinnicht unter keinen Umständen verpassen! In diesem Online Workshop erfährst du nicht nur etwas zum Thema DIY und Zero Waste, du darfst, nein, du sollst auch direkt mitrühren. Alle Zutaten, die du dafür benötigst, kannst du im Vorhinein in Wuppertal am Ölberg bei uns abholen, damit du am Workshop-Tag direkt durchstarten kannst (weitere Informationen erfolgen per E-Mail).

Welche Produkte stellen wir her?
– verpackmeinnicht Body Butter
– festes Shampoo
– WC Tabs
– Bienenwachstuch

Was solltest Du dafür zu Hause haben?
– Mehrere Schüsseln und Löffel
– Einen Handmixer
– Eine Eiswürfelform
– Einen Backpinsel
– Ein Bügeleisen oder einen Backofen

Anmeldung: Bis zum 12.05. via Mail an nup@utopiastadt.eu (max. 20 Teilnehmende)


Weitere Informationen über die Veranstaltungen und das Projekt Neue Urbane Produktion erfahrt ihr auf
https://neue-urbane-produktion.de

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Logbuch

Mehr als nur ein Ort

Seit März 2021 erscheint in der Reihe »Logbuch Utopiastadt« alle 14 Tage eine Kolumne aus Utopiastadt im Wuppertaler Lokalteil der Westdeutschen Zeitung. Und hier auf der Seite.

Die heutige Kolumne ist von Thomas Weyland:

Logbucheintrag 0.4

Auf dem Ölberg trauten wir unseren Augen nicht. Seit über 10 Jahren versuchten wir Ölberger eine andere Stadt zu verwirklichen, die Nordstadt anders zu denken, zivilgesellschaftlich Räume zu erobern. Vieles, nicht nur das Ölbergfest, konnten wir in der Zeit realisieren. Und dann kamen 2013 ein paar Unentwegte, behaupteten, jenseits der Hochstraße im Mirker Bahnhof »ein Zentrum für Entwicklung & Kreativität« aufbauen zu wollen und betrachteten es als »die Initialzündung eines andauernden Kunst-, Kultur- und Gesellschaftskongresses mit Ambitionen und Wirkung«: UTOPIASTADT! Aha!?
Stadt(teil)entwicklung als andauernden Kongress, als ständige Veränderung zwischen Reden und aktivem Handeln zu begreifen, nicht vom Ende her gedacht, sondern prozesshaft, das animierte uns, genauer hinzuschauen und die neuen Raumunternehmerinnen in dem Quartier zwischen Hochstraße, A 46 und Gathe kennenzulernen.

Nein, die Utopiastadt sollte nicht auf das Areal um den Mirker Bahnhof, den Utopiastadt Campus, beschränkt bleiben. Der »andauernde Gesellschaftskongress« würde auch Wirkung auf das Quartier haben. Und umgekehrt, Veränderungen im Quartier würden nicht ohne Einfluss auf Utopiastadt bleiben. Die Konsequenz: Die Initiierung einer Stadtteilkonferenz Ende 2013, das Forum:Mirke. Damit war auch ein Name für das Quartier gefunden: Die Mirke. Kennen heute alle in Wuppertal.
Seitdem steht das Forum:Mirke für Kommunikation, Vernetzung und Kooperation im Quartier. Im Miteinander will man die soziale, kulturelle, ökonomische und politische Quartiersentwicklung stärken. Das Forum sieht sich als Anlaufstelle für und Gestalterin von urbanen Beteiligungsprozessen vor Ort, als zivilgesellschaftliche Organisierung aller, die den Anspruch einer politischen Teilhabe im Mirker Quartier und in der Stadt der Zukunft auch jenseits des normalen Politikbetriebes haben. In der Arbeit des Forums wurde deutlich, dass die beteiligten Organisationen und Menschen neben dem politischen Alltag das Bedürfnis hatten, Sachverhalte in Bezug auf Stadt(teil)entwicklung grundsätzlicher zu diskutieren oder zu erarbeiten. Daraus wurde 2016 ein weiteres Format geboren: Der Stadtentwicklungssalon.

In mittlerweile acht Salons in Form von Podiumsdiskussionen, Workshops oder Vorträgen sind diverse Themen aus dem Spektrum Stadtentwicklung bearbeitet worden, immer im Blick eine gemeinwohlorientierte Politik und Quartiersentwicklung. Die Diskussion über eine Mobilitätswende in der Stadt gehören genauso dazu wie die Thematisierung von Gentrifizierung, also dem Widerspruch zwischen Aufwertungs- und Verdrängungstendenzen in Quartieren wie der Mirke, oder die Debatte um eine gemeinwohlbezogene Boden- und Flächenentwicklung in Wuppertal.

Die Utopiastadt in der Mirke – ein »Kongress« mit Ambitionen und mit Wirkung – weit über die Grenzen Wuppertals hinaus. Klar!

Mehr Gesellschaftskongress gibt es beim 9. Stadtentwicklungssalon Mitte Mai auf https://stew.one

https://quartier-mirke.de/9-stadtentwicklungssalon


Erstveröffentlicht am 29.04.2021 in der Printausgabe der WZ:
https://www.wz.de/nrw/wuppertal/neues-aus-utopiastadt-der-naechste-stadtentwicklungssalon-steht-bevor_aid-57633549

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Bodenpolitische Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2021

»Bodenpolitik ist eines der wichtigsten – und zugleich in den letzten Jahren am meisten vernachlässigten – Politikfelder. Bodenpolitik ist nicht eine von vielen Fachpolitiken (…). Der Boden, seine Verfügbarkeit und Nutzung spielen eine zentrale Rolle bei den großen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte: sozialer Zusammenhalt, angemessene Wohnraumversorgung, gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land, gerechtere Vermögensverteilung, wirksamer Klimaschutz und Klimaanpassung, Erhaltung der Biodiversität, sichere und nachhaltige Nahrungsmittelproduktion, Bewältigung von Pandemien« (Quelle: Bündnis Bodenwende. Bodenpolitische Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2021).

So beginnen die Wahlprüfsteine des »Bündnis Bodenwende«, welche in der vergangenen Woche mit Blick auf die Bundestagswahl 2021 veröffentlicht und den im Bundestag vertretenen Parteien zur Beantwortung vorgelegt wurden. An den Wahlprüfsteinen hat unter anderem auch das Netzwerk Immovielien mitgearbeitet, an dem sich auch Utopiastadt aktiv beteiligt.

Warum ist das Thema im Utopiastadt-Kontext wichtig? Wir beschäftigen uns einerseits seit Jahren mit Fragen und Herausforderungen rund um die Sicherung und Entwicklung der Flächen vor Ort am ehemaligen Bahnhof Mirke und andererseits im Netzwerk Immovielien auch auf überregionaler und struktureller Ebene damit, wie man Boden als Gemeingut sichern und zugänglich machen kann.

Mit alle seinen Facetten, ist »Boden« ein unglaublich komplexes Thema und deswegen freuen wir uns umso mehr, dass es im Rahmen der »Bodenpolitischen Wahlprüfsteine« gelungen ist, ein sowohl umfängliches, als auch verständliches und motivierendes Schriftstück dazu zusammen zu fassen. Schon allein die Reihe der beteiligten Organisationen ist beachtlich.

Wer also mehr über das Thema, über das Bündnis Bodenwende oder die Fragen und Forderungen erfahren möchte, sollte mal in die Wahlprüfsteine schauen:

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Logbuch

Die Arbeit für das Gemeinwohl par excellence

Seit März 2021 erscheint in der Reihe »Logbuch Utopiastadt« alle 14 Tage eine Kolumne aus Utopiastadt im Wuppertaler Lokalteil der Westdeutschen Zeitung. Und hier auf der Seite.

Die heutige Kolumne ist von Max-Mosche Kohlstadt:

Logbucheintrag 0.3

Die einen machten Zivi, die anderen gingen zum Bund. 2011 war Schluss mit der aufgezwungenen Wahl. Seitdem stehen junge Erwachsene nach dem Ende der Schullaufbahn vor noch mehr Möglichkeiten – Gapyear, Ausbildung, Studium, Geld nach Hause bringen und wenn ja wie? Die schiere Menge der Wahlmöglichkeiten lässt viele junge Menschen jedes Jahr aufs neue erstarren. Auch ich stand vor einigen Jahren an dieser Stelle und entschied mich für einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) in Utopiastadt. Hinter diesem sperrigen Begriff versteckt sich der vom Bund finanzierte Dienst für das Allgemeinwohl. Im Gegensatz zum Freiwilligen Sozialen Jahr kann er von Jung und Alt abgeleistet und alle fünf Jahre wiederholt werden. Ein BFD kann im sozialen, kulturellen oder ökologischen Bereich geleistet werden.

In Utopiastadt wird der Bundesfreiwilligendienst interdisziplinär gelebt, denn hier gibt es nur wenig vorgefertigte Schubladen. Vielmehr ist man angehalten, seine eigene Schublade zu schaffen, diese stetig auszuweiten und zu verändern – sei es mit neuen Fähigkeiten oder neuen Erfahrungen. Als andauernder Gesellschaftskongress bietet Utopiastadt Möglichkeiten, sowohl im Rahmen der Sanierung handwerklich zu arbeiten, als auch in der Konzeption sozialer Projektideen und der Planung und Umsetzung von Veranstaltungen mitzuwirken. Das eröffnet nicht nur Möglichkeiten, sich in vielfältigen Bereichen auszuprobieren, sondern auch durch neue Erfahrungen die eigene Persönlichkeit weiterzubilden. Gerade die Menschen, mit denen man im Lauf dieser Zeit in Kontakt tritt, tragen dazu bei. Wohlgemerkt engagieren sich viele der Utopistinnen und Utopisten nicht aus finanziellen, sondern aus ideellen Gründen. Als bundesfreiwilligendienstleistende Person ist man an dieser Schnittstelle zwischen Ehrenamt und Hauptamt verortet. Gemeinsam arbeitet man stetig daran, einen exemplarischen Ort zu erschaffen, der für eine bessere Zukunft für alle steht – quasi die Arbeit für das Gemeinwohl par excellence. In Utopiastadt wird Stadt neu gedacht und ein allgegenwärtiger und niederschwelliger Gesellschaftskongress erschaffen. Das A und O für diesen anhaltenden Prozess besteht darin, sich mit den Strukturen des ehrenamtlich getragenen Projekts auseinanderzusetzen und Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit zu entwickeln. Hier wird man nur selten an die Hand genommen. Nur in freien Räumen der Entfaltung kann eine utopische Idee erdacht und diverse Perspektiven miteinander verbunden werden.

Utopiastadt ist in den vergangenen Jahren zu weit mehr geworden, als dem Austragungsort meines BFDs. Vielmehr sind der Ort und die Menschen, die ihn beleben, zu einem meiner Lebensmittelpunkte geworden, an dem ich mich ausprobieren, engagieren, in dem ich kritisieren und wachsen kann. Ohne meinen Bundesfreiwilligendienst wäre mir diese Perspektive und die damit einhergehenden Erfahrungen und Fähigkeiten wohl entgangen. Apropos: Wir suchen momentan Bufdis!


Erstveröffentlicht am 15.04.2021 in der Printausgabe der WZ:
https://www.wz.de/nrw/wuppertal/utopiastadt-kolumne-logbucheintrag-03-die-arbeit-fuer-das-gemeinwohl_aid-57431191