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Logbuch

Blick zurück nach vorn

Seit März 2021 erscheint in der Reihe »Logbuch Utopiastadt« regelmäßig eine Kolumne aus Utopiastadt im Wuppertaler Lokalteil der Westdeutschen Zeitung. Und hier auf der Seite.

Diese Kolumne ist von Amanda Steinborn und David J. Becher:

Logbuch 0.67

Das wars! Bei der Mitgliederversammlung sind Amanda und David nicht mehr als Vorstandsvorsitzende des Fördervereins angetreten. Zehn Jahre Vorsitz für David und sechs Jahre Vorstandsarbeit auf verschiedenen Posten für Amanda.

David: Mal zurückgeschaut – stimmt eigentlich die Erzählung, dass ich dich mit Utopiastadt zurück nach Wuppertal gelockt habe?

Amanda: Ja, so war das. Als Exilwuppertalerin habe ich lang überlegt, ob ich zurückkehren soll. Der ausschlaggebende Punkt für mich war, dass ich – sogar auf 250km Entfernung – das Gefühl hatte »Das ist wichtig – da will ich dabei sein!«. Nach dem Reinschnuppern bin ich dann nicht mehr losgekommen. Gepackt hat mich vor allem die Möglichkeit, Zukunft ganz konkret mitgestalten zu können. 
Und stimmt es, dass du als Nachbar eigentlich nur mal schauen wolltest was da so los ist und dann – zack – im Vorstandsvorsitz warst?

David: Fast. Es war 2013, das Café Hutmacher hatte frisch geöffnet, ich wohnte gegenüber – und dann hat Christian mich am Büchertresen gefragt, ob ich bei der Entwicklung einer Fördervereinssatzung mitmachen will. Klingt erstmal ziemlich öde. War es aber nicht, im Gegenteil, war spannend, Utopien und Gemeinnützigkeitsrecht zusammen zu bringen. Und so wurde ich Vereinsfunktionär. Und nun als freier Utopist weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. 
Du hast ja viele Stationen in Utopiastadt durch: Praktikantin, Forscherin, Bildungsreferentin, Vorstand – was würdest du mir denn als nächstes Spielfeld in Utopiastadt empfehlen?

Amanda: Zum Einstieg ist es immer gut, zum Utopiastadt Update zu gehen. Da kannst du prima auf die Themen draufspringen, die sich interessieren. Bei deinem Schreibtalent würde ich sagen, die Redaktionsgruppe wäre was für dich. Promopeitsche und Insta-Post sind ja durchaus Dinge, die du aus deinem ‚anderem Leben‘ auch kennst.

David: Haha, also im Prinzip all das weiter machen, was ich eh schon immer nebenher mitgemacht habe. 

Amanda: Ja, nur jetzt mit Vollgas!

David: Aber mal utopischer gedacht: In deiner Masterarbeit hast du ja Utopiastadt als informellen Lernort erforscht. Wenn ich also hier was machen will, was ich noch nicht so gut kann – wohin würdest du mich da schicken?

Amanda: Als erstes dachte ich »die Visionsentwicklung für den Utopiastadt Campus mitgestalten«, aber dass du Visionen denken kannst, hast du ja nun schon zu genüge bewiesen. Wie wäre es mit was ganz Praktischem? Schon mal was von Fruchtfolge gehört? Oder Nabenschaltung? Die Gartencrew oder die Mirker Schrauba freuen sich immer über Zuwachs.

David: Du meinst so richtig mit den Händen? Hm – Ich denk noch mal bei Getränken im Hutmacher drüber nach. Aber was hast du denn als nächstes hier vor?

Amanda: Ich finde es nach wie vor spannend, Menschen nach Utopiastadt zu holen, die vor Ort einen ganz neuen Eindruck von Ehrenamt bekommen. Zum Beispiel beim internationalen Workcamp oder den Social Days. Das werde ich auch weiterhin organisieren.

Kurz: Danke für das langjährige Vertrauen – wir sehen uns in Utopiastadt!


Erstveröffentlicht am 10.07.25 in der Printausgabe der WZ: https://www.wz.de/nrw/wuppertal/was-kommt-nach-der-langjaehrigen-vorstandsarbeit_aid-130822537

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Logbuch

Ins Blaue?

Seit März 2021 erscheint in der Reihe »Logbuch Utopiastadt« regelmäßig eine Kolumne aus Utopiastadt im Wuppertaler Lokalteil der Westdeutschen Zeitung. Und hier auf der Seite.

Diese Kolumne ist von David J. Becher:

Logbucheintrag 0.63

Mit einer guten Idee hinaus in die Welt gehen und mal schauen, was daraus wird – was für ein wunderbares Gefühl! Einfach ins Blaue!

Am vergangenen Wochenende haben sich ein Dutzend aktiver Utopist:innen zu einer Klausur nach Remscheid zurückgezogen, intensiv über die Organisation Utopiastadt und insbesondere ihren Förderverein Diskutiert und konzentriert an Strukturen gearbeitet. Denn so schön es ist, Freiräume zu bespielen, so wichtig ist es, der Freiheit in diesen Räumen immer wieder solide Fundamente zu bauen. Sonst gibt es rasch weder das eine noch das andere: Weder die Räume für Experimente, noch die Freiheit dazu.

Bisher haben wir beides geschafft: Zum einen Strukturen, in denen sich  Utopiastadt von einem kreativen Kollektiv zu einer treibenden Stadtentwicklungsinitiative entwickeln konnte. Zum anderen Freiräume für stets neue Ideen und Impulse, vom Insektengarten bis zum Solar Decathlon Europe. Damit das im Gleichgewicht bleibt, braucht es regelmäßig den gemeinsamen Blick auf die Entwicklung. Und zwar außerhalb der Mühen des Alltags.

Dazu durften wir nun zum zweiten Mal Gast beim Ins Blaue e.V. in Remscheid Honsberg sein. Nah genug, um mal eben rüber zu fahren, weit genug vom Mirker Bahnhof entfernt für den nötigen Abstand. Vor allem aber von einem gleichen aktiven Geist durchzogen, der sich mit viel Kreativität, Engagement und Herzblut dafür eingesetzt hat, Remscheid Honsberg als Quartier vor dem Verfall zu bewahren. Mit Erfolg! Dabei ist ihr Name Programm: Erst war die Initiative, dann die Struktur – ähnlich wie in Utopiastadt.

Und wie in meinem persönlichen Werdegang dort:
Denn eigentlich bin ich nur der Nachbar. Und bin 2013 mit großer Neugier auf diese lebhafte Initiative, die da in dem leeren Bahnhofsgebäude direkt vor meinem Arbeitszimmerfenster rumsprang, in die neue Bar »Hutmacher« spaziert. Dort wurde ich am berühmten Büchertresen gefragt, ob ich nicht an der Satzung für einen Verein mitdenken wollte. Ich antwortete das harmlose Wörtchen »Ja«, arbeitete intensiv mit am Gründungspapier – und zack bin ich über zehn Jahre Vorstandsvorsitzender. Ich hatte mit Stadt- oder Gebäudeentwicklung vorher kaum Berührung und bin mit ganz Vielen auf jeweils ganz unterschiedlichen Positionen in dieses große Vorhaben hineingewachsen.

Jetzt ist es für mich Zeit, mein offizielles Amt dort nach einer Dekade in andere Hände zu legen. Mit der Klausur haben wir eine gute Grundlage zur Zukunft des Fördervereins sowie der gesamten Unternehmung Utopiastadt geschaffen. Auf dieser Grundlage kann ich mit ruhigem Gewissen und in aller Freiheit meinen Teil des Vorstandsvorsitzes an neue, frische Kandidierende weiterreichen.

Und dann schaue ich, wo ich mich als Utopist in Zukunft einbringe in dieses großartigste Gesellschaftsentwicklungslabor, das ich kenne. Ich freu mich schon jetzt darauf, nach den Vorstandswahlen die strukturellen Verantwortlichkeiten hinter mir zu lassen und vorsatzlos in das kreative Kraftzentrum gegenüber zu spazieren. Einfach so – ins Blaue!


Erstveröffentlicht in der Printausgabe der WZ: https://www.wz.de/suche/Logbuch%20Utopiastadt/


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